von Ruth Schläger: Geboren in Rheinhessen wohne ich seit gut 25 Jahren in Kettwig, zuerst in auf der Höhe, jetzt in vor der Brücke. Dabei hatte ich nach meiner Ausbildung bei einer großen Warenhauskette gesagt, dass es mir egal sei wo in Deutschland ich arbeiten sollte, ich wollte nur nicht nach Bayern und nicht ins Ruhrgebiet. Von wo aus ich dann ins Ruhrgebiet kam? Natürlich von Bayern aus. Manchmal gehen Wünsche halt nicht in Erfüllung, aber dass ich nach Kettwig kam ist gut so!
Was ist so schön hier – Kettwig erleben? Erstmal die Menschen, hier kann man mit allen Leuten schnell in einfach ins Gespräch kommen, meist sind sie herzlich, offen und direkt. Für mich war Kettwig erstmal einfach ein Stadtteil von Essen. Da wurde ich doch bald mal von einem Ur – Kettwiger aufgeklärt, dass Kettwig bis 1975 selbständig war, dann eingemeindet wurde. Ein 1996 durchgeführtes Bürgerbegehren für die Wiederherstellung der Stadt und Rückgemeindung in den Kreis Mettmann, das eine Mehrheit von fast 55 Prozent der Abstimmenden forderte, wurde von der Landesregierung im Herbst 1997 abgelehnt. Ja, so hat halt jeder seine Probleme! Auch heute noch heißt hier der Bahnhof nicht Essen Kettwig sondern Kettwig – Stausee. Für die Stadt Essen ist es sicher gut so einen schönen Stadtteil im Süd – Osten zu haben. Hier kann man schon richtig Urlaubsgefühle bekommen wenn man zum Beispiel mit dem Rad vom Norden der Stadt über die Wasserroute und den Ruhrtalradweg nach Kettwig kommt. Vorbei am Kattenturm und den beiden Neubau – Projekten Kettwiger Ruhrbogen und Seepromenade. An der Ruhr, Natur und Erholung pur mit Graureihern, Gänsen und Kormoranen und dann in Kettwig die historische Altstadt mit Tuchmacherplatz, schönen alten Fachwerkhäusern und der Kirchtreppe, sowie vielen Restaurants, Cafés und Kneipen. Zurück zum Ruhrtalradweg, der hat Kettwig schon verändert, besonders an den Wochenenden sind immer mehr Radfahrer unterwegs und prägen das Ortsbild. Die Biergärten und die Bänke an der Ruhr sind voll, viele lernen den schönsten Stadtteil Essens jetzt erst kennen. Die Gastronomen und die Hoteliers freut es natürlich. Seit kurzem ist auch noch der Panoramaradweg Niederbergbahn dazugekommen, jetzt kann man per Rad auch Richtung Haan und weiter ins Sauerland von Kettwig aus starten.
Noch eine Sache hatte ich mir als Zugereiste aus Rheinhessen anders vorgestellt, Ruhrgebiet und damit auch Essen und Kettwig war für mich Bergbau, graue Häuser, schlechte Luft. Die Wirklichkeit sieht anders aus: Kettwigs Industrie war die Tuchmacherei, was für die Stadt Essen Krupp war, war für Kettwig die Familie Scheidt. Sie produzierte fast 300 Jahre lang Stoffe die, zur Hochzeit der Scheidtschen Tuchfabrik, nicht nur innerhalb Europas sondern bis nach USA exportiert wurden. Die Tuchfabrik ein Grund warum Kettwig, im krassen Gegensatz zu Essen, von den Zerstörungen des 2. Weltkrieges viel stärker verschont blieb, viele alte Fachwerkhäuser erhalten blieben.
Kettwig wird als Wohnort immer interessanter. Hier gelegene Immobilien – Häuser, Eigentumswohnungen und Grundstücke – sind gesucht und erfahren seit vielen Jahren regelmäßige Wertsteigerungen. Nach der alten Tuchfabrik werden momentan der Kettwiger Ruhrbogen und das Kreativquatier – Wohnen und Arbeiten unter einem Dach – entwickelt. Dort sollen sich Kreativunternehmen also vor allem Agenturen, Architekten und Künstler wohlfühlen.
Und noch was gefällt mir an Kettwig mehr als Rheinhessen, irgendwie ist das Leben hier wie auf dem Dorf, zumindest vom sehen kennt man sehr viele Menschen, man trifft sich auf dem Wochenmarkt oder auf einem der zahlreichen Feste, sei es das Seerosenfest, Brunnenfest, das Kürbisfest oder der Weihnachtsmarkt vor dem Rathaus. Will man Großstadt, dann ist man mit der S-Bahn in circa 20 Minuten mitten in der Innenstadt von Essen oder auch mal in Düsseldorf, aber auch die anderen Ruhrgebietsstädte sind nicht weit. Kommt man zurück, denkt man: Ich fühl mich hier wohl.